0,58 ‰ – und plötzlich „Gefahr für Leib und Leben“

Kurz & knapp: Zweite Alkoholfahrt 2018, Strafe bezahlt, drei Monate Fahrverbot abgesessen. Nach bestandener MPU sollte ich einen § 70-Alkoholkurs machen – allerdings nur, wenn ich meinen Führerschein freiwillig abgebe. Laut Verordnung dürfen Kursteilnehmer nämlich keine gültige Fahrerlaubnis haben. Für mich klang das wie Hohn – neun Monate lang durfte ich legal fahren, dann galt ich plötzlich wieder als „Gefahr für Leib und Leben“. Hier die ganze Odyssee – plus die Paragraphen, die dieses Paradox ermöglichen.

2010 – mein erster Fehler

Frühjahr 2010: 0,7 ‰, 500 € Bußgeld, ein Monat Fahrverbot, Punkte. Ich schwöre: „Nie wieder!“

Herbst 2018 – Rückfall

Routinekontrolle: 0,58 ‰. Als Wiederholungstäter kassiere ich 1 000 €, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot. Ich gebe den Führerschein noch in derselben Nacht ab, hole ihn 90 Tage später zurück und fahre neun Monate absolut unauffällig.

MPU mit Haken

September 2019: Brief der Führerscheinstelle München. „Bitte MPU absolvieren.“ Ich zahle, mache Tests, Leberwerte – bestehe. Ganz unten steht aber die Auflage: Alkoholkurs nach § 70 FeV, vier Termine, reine Anwesenheit, rund 400 €.

„Erst den Schein abgeben …“

Bei der Anmeldung erklärt der Mitarbeiter knapp: „Teilnahme nur, wenn Sie Ihren Führerschein vorher freiwillig hinterlegen.“ Ein Kurs ohne Prüfungsrisiko – und ich soll den gültigen Schein abliefern? Begründung: In die Kurse dürfen nur Nicht-Inhaber aufgenommen werden.

Klage & Drohbriefe

Ich verweigere, klage. Drei Einschreiben später stempelt mich die Behörde als „Gefahr für Leib und Leben“ ab und droht sofortigem Zwangsentzug. Solange der Kurs offen ist, gelte meine Eignung nur als „bedingt“ – bei Zweifeln müsse die Fahrerlaubnis ruhen.

Der Richter ruft an

Einer der drei Richter meldet sich persönlich. Er versteht mein Kopfschütteln, weist aber auf neuere Urteile hin, die genau diese Reihenfolge verlangen. Seine Warnung:

  • Zwei Kollegen werden wohl der Behörde folgen.
  • Den Führerschein müsste ich ohnehin abgeben; er bliebe bis zum Urteil eingezogen.
  • Berufung kann Jahre dauern und teuer werden.

Kapitulieren oder jahrelang laufen?

Ich brauche das Auto für den Job. Also ziehe ich die Klage zurück, gebe den Führerschein „freiwillig“ ab, sitze vier Abende Kurs, unterschreibe die Liste – und bekomme die Karte zurück. Logisch? Für mich nicht, aber es war der schnellste Weg.

Warum verlangt die Behörde das?

Behördliche LogikMein Gefühl dazu
§ 70 FeV: In den Kurs dürfen nur Personen ohne Fahrerlaubnis sein – sonst verliert der Kursträger seine Zulassung. Ich hatte den Schein rechtmäßig zurück, war neun Monate unauffällig unterwegs. Warum noch einmal abgeben – nur für eine Anwesenheitsliste?
§ 3 Abs. 1 StVG: Bestehen Eignungszweifel, muss die Behörde die Fahrerlaubnis entziehen oder ruhen lassen. Die MPU bescheinigt doch Eignung; der Kurs ändert daran nichts. Die angebliche „Gefahr“ wirkt konstruiert.
Aktuelle Rechtsprechung: Kursauflagen sollen nur Nicht-Inhabern gemacht werden. Die Behörde zieht den Schein daher nachträglich ein. Ich werde zum Spielball eines Timing-Fehlers: Erst Schein, dann Kursauflage – jetzt repariert man das auf meinem Rücken.

Mein Fazit

Juristisch stützt sich die Behörde auf klare Paragraphen. Menschlich bleibt es absurd: Neun Monate darf ich fahren, dann zieht man mir den Führerschein wieder ab – nicht wegen eines neuen Fehlers, sondern weil der Ablauf falsch herum gestartet wurde.

EmotionErkenntnis
Fassungslosigkeit„Freiwillige“ Abgabe kann faktisch erzwungen werden.
WutNeutralität endet, sobald der erste Drohbrief kommt.
RealismusBürokratie hat mehr Ausdauer als Idealismus.
MPU-WissenHeute nutze ich meine Erfahrung, um anderen diese Paradoxien zu ersparen.